Plagiate in der Schule
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Wenn sich der Text Ihrer Schülerinnen und Schüler plötzlich stilistisch in höhere Sphären schwingt, die Probleme mit Rechtschreibung und Zeichensetzung für die Länge eines Absatzes verschwinden oder Erkenntnisse und Hypothesen aus dem Nichts erscheinen, ist Misstrauen über die Eigenleistung angebracht.
Möglicherweise sind den Schülerinnen und Schülern die Vorzüge der Tastenkürzel [Strg]+[c] und [Strg]+[v] weit geläufiger als der Inhalt des „erarbeiteten“ Textes.
Wie Sie kopierte Texte erkennen
1. Leistungsschwankungen:
Verbessert und verschlechtert sich Rechtschreibung, Zeichensetzung oder die grammatikalischen Fähigkeiten im Laufe des Texts deutlich, ist das ein ziemlich sicheres Zeichen für kopierte Passagen.2. Stilistische Brüche:
Ein sprunghafter Wechsel von einfach gehaltenen Absätzen hin zu perfekt ausformulierten Sätzen ist verdächtig. Das gilt auch, wenn sich der Wortschatz des Schülers plötzlich vervielfacht und Fachbegriffe sowie Fremdworte verstärkt auftreten.3. Inhaltliche Brüche:
Wirkt der Text auf Sie wie ein Puzzle aus vielen verschiedenen Teilen, die aber nicht so recht zueinander passen wollen, ist es vermutlich genau das: Hier wurden aus mehreren Texten passend erscheinende Stellen kopiert, die Anschlusspunkte jedoch nicht gut verbunden.4. Unterschiedliche Formatierungen:
Ein Wechsel der Schriftart, Schriftgrösse und weiterer Textformatierungen ist höchstwahrscheinlich kein Ausdruck von Kreativität …5. Bauchgefühl:
Zu guter Letzt sollten Sie unbedingt auf Ihr Bauchgefühl hören. Sie kennen doch Ihre Pappenheimer ;-)Kommt Ihnen etwas unstimmig vor, wie eine plötzliche Häufung von Fremdwörtern, sollten Sie den Text prüfen.
So prüfen Sie verdächtige Texte
1. Suchmaschinen:
Wenn Sie eine verdächtige Stelle entdeckt haben, ist der erste, weil unkomplizierteste und schnellste, Schritt die Eingabe des Satzes in eine Suchmaschine. Oft reichen auch schon Eigennamen oder drei bis fünf Substantive zur „Enttarnung“ des Ursprungs. Auch die "erweiterte Suche" der Suchmaschine kann helfen.Da viele Schülerinnen und Schüler sich nicht die Mühe machen, die kopierten Stellen umzuschreiben, werden Sie hier wahrscheinlich schnell fündig.
Auf diesen Hinweis sind wir übrigens nicht selbst gekommen ;-)
Er stammt wie einige weitere Anregungen in diesem Beitrag aus dem überaus hilfreichen Online-Kurs über Plagiate „Fremde Federn Finden“. Die Autorin ist Prof. Dr. Debora Weber-Wulff. Sie lehrt an der Hochschule für Technik und Wissenschaft Berlin und ist Mitbegründerin der Plattform VroniPlagWiki. Die Seite stellt auch Übungen bereit, mit denen Sie und Ihre Klasse testen können, wie gut Sie im Plagiate aufdecken sind.
2. Häufig genutzte Quellen:
Wikipedia ist die Lieblingsquelle vieler Schülerinnen und Schüler: Der Eintrag ist immer weit oben in der Suche gelistet und alles ist schön kompakt zusammengefasst. Ein Blick in den entsprechenden Beitrag zu werfen, kann deshalb lohnenswert sein.Auch Referats- und Hausarbeitenbörsen (hausarbeiten.de, e-hausaufgaben.de oder freie-referate.de), die komplette Ausarbeitungen zu den verschiedensten Themen anbieten, sind verlockend.
3. Software zur Erkennung von Plagiaten:
Einige Schulen nutzen bereits spezielle Plagiat-Erkennungs-Software. Allerdings sind diese Programme in der Regel kostenpflichtig und die Effizienz vieler Produkte wird in Tests angezweifelt: Manche Plagiate werden nicht als solche erkannt und andererseits werden häufig verwendete Formulierungen als Plagiat angezeigt.4. Erklärungen einfordern:
Lassen Sie Ihre Schülerinnen und Schüler verwendete Fremdworte und Fachbegriffe erklären. Wer die Bedeutung nicht ansatzweise erläutern kann, hat den Begriff ziemlich sicher mit weiteren Textpassagen übernommen. Auch bei aufgestellten Hypothesen und Argumenten zeigt sich durch Nachhaken schnell, was selbst erarbeitet und was lediglich kopiert wurde. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass Sie sie auch ohne technische Unterstützung, z. B. nach einem Referat in der Unterrichtsstunde, anwenden können.
Die Punkte haben wir hier für Sie als Checkliste zum Download vorbereitet:
ChatGPT
Ende 2022 wurde der auf künstlicher Intelligenz beruhende Chatbot ChatGPT veröffentlicht. Der Chatbot antwortet auf Fragen, schreibt Texte und löst Aufgaben. Die Vermutung liegt nahe, dass Schülerinnen und Schüler ChatGPT nutzen werden, um das Tool Hausaufgaben und Texte für sie schreiben zu lassen, die kaum auf Plagiate zu prüfen wären. Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, ist die Verlagerung des Übungsprozesses in den Unterricht und des Lernens in die unterrichtsfreie Zeit, wie es beim Flipped Classroom geschieht.
Ziehen Sie klare Konsequenzen
Der erste Schritt ist natürlich, Schülerinnen und Schüler im Umgang mit Quellen fit zu machen und sie über die Bedeutung geistigen Eigentums zu informieren. Erst wenn diese erfolgt ist, sind Konsequenzen, wie Strafarbeiten, die Herabsetzung der Note oder die Bewertung mit „ungenügend“ angebracht.
Sanktionen bei Plagiaten können Lehrerinnen und Lehrer nur erlassen, wenn sie belegen können, dass ein Schüler/eine Schülerin kopiert hat. Notieren Sie deshalb unbedingt die ursprüngliche Quelle.
Sollten Sie plagiierte Stellen in Referaten oder Hausarbeiten entdecken, ist es aber wichtig, dass die angekündigte Sanktion auch erfolgt, denn:
1. Ein Plagiat ist ein Täuschungsversuch:
Abgeschrieben ist abgeschrieben – ob von den Mitschülerinnen und Mitschülern oder aus dem Internet. Deswegen ist es angebracht, einen zusammenkopierten Text, der benotet wird, auch wie einen Täuschungsversuch zu ahnden.2. Wer kopiert, lernt nichts:
Je weniger Eigenleistung in einem Text steckt, umso weniger Wissen bleibt Schülerinnen und Schüler hängen.3. Unrechtsbewusstsein schaffen:
Wer geistiges Eigentum einfach übernimmt, verstösst gegen das Urheberrecht. Ein Plagiat ist deshalb keine Lappalie.Dieser Eindruck entsteht bei den Schülerinnen und Schülern aber leicht, da es so einfach ist fremde Texte zu seinen eigenen zu machen. Deswegen sehen sie manche als Allgemeingut an. Dass dem nicht so ist, müssen sie erst lernen. Nach der Vermittlung von Medienkompetenz und der Schulung im Umgang mit Quellen sind Konsequenzen, sollte trotz alledem kopiert werden, wichtig, um zu verdeutlichen, dass dieses Handeln unredlich ist.
4. Lieber jetzt eine Strafarbeit kassieren, als später den Doktortitel verlieren ;-)
Na klar, ein Referat ist keine Doktorarbeit. Dennoch ist es wichtig, dass die Jugendlichen bereits in ihrer Schulzeit verstehen, dass jede Textsequenz, die in die eigene Arbeit kopiert wird, als Zitat gekennzeichnet werden muss. Genauso selbstverständlich sollte es sein, auch die Quellen von umformulierten, aber eben fremden Hypothesen und Ansätzen zu nennen. Wenn die Bedeutung von geistigem Eigentum auch im Studium und Berufsleben nicht ernst genommen wird, können die Konsequenzen umso unangenehmer ausfallen. Das haben in den letzten Jahren gleich mehrere Politikerinnen und Politiker eindrücklich belegt …
Motive für Plagiate und Präventionsmöglichkeiten
1. Weil es so einfach ist:
Das Internet bietet Unmengen an Informationen zu jedem Thema. Es sind nur ein paar Mausklicks bzw. Tastenkombinationen nötig, um die passenden Passagen in die „eigene“ Datei zu kopieren.
Dieser Punkt lässt sich vielleicht auch unter dem Begriff „Arbeitsvermeidung“ zusammenfassen.
Prävention: Durch die Art der Aufgabenstellung können Lehrerinnen und Lehrer Schülerinnen und Schüler dazu „zwingen“, selbst aktiv zu werden: Im Netz finden sie v.a. sachliche Zusammenfassungen zu bestimmten Themen. Wenn Sie ihre Aufgabe so formulieren, dass sie diese Angaben nicht nur wiedergeben, sondern verarbeiten müssen (wenn sie z.B. eine bestimmte Position vertreten sollen), hilft Kopieren nicht mehr weiter.
2. Schlechtes Zeitmanagement:
In der Regel steht Schülerinnen und Schülern zur Vorbereitung eines Referats oder einer Hausarbeit ausreichend Zeit zur Verfügung. Nur nutzen viele diese Zeit nicht gut. Die Abgabefrist scheint so weit weg, dass der Arbeitsbeginn immer wieder hinausgeschoben wird. Und plötzlich läuft die Frist in zwei Tagen ab …
Prävention: Sie können Ihre Klasse durch eine Unterrichtseinheit zum Thema "Zeitmanagement" unterstützen. Einige Tipps gegen "Aufschieberitis" haben wir im Beitrag "10 Tipps gegen Prokrastination" zusammengefasst.
3. Mangelndes Unrechtsbewusstsein:
„Das machen doch alle“ ist eine beliebte Rechtfertigung für das Abschreiben bzw. Kopieren aus dem Internet. Viele Schüler (und leider nicht nur die) sehen deshalb in einem Plagiat kein nennenswertes Vergehen.
Prävention: Machen Sie den Schülerinnen und Schülern deutlich, dass es sich bei einem Plagiat, wie oben beschrieben, um einen Täuschungsversuch handelt, der entsprechend benotet wird. Eindrückliche Beispiele von Politikerinnen und Politikern die aufgrund von Plagiaten ihren Doktortitel verloren haben, können auch nicht schaden ...
4. Mangelnde Kompetenz:
Um korrekt mit Quellen umzugehen und in der Flut von Informationen gute, zitierfähige Quellen im Internet ausfindig zu machen, müssen Kinder und Jugendliche in der Schule mit dem nötigen Wissen ausgestattet werden.
Auch das Formulieren eigener Gedanken und kritisches Hinterfragen von Quellen will gelernt sein. Andere Schülerinnen und Schüler haben Probleme, gute Exzerpte anzufertigen. Wenn versäumt wird, stets auch die Quelle zu notieren und wörtliche Zitate als solche zu markieren, herrscht schnell Chaos.
Prävention: Eine gute Aufklärung ist unerlässlich. Nur, wenn die Kinder und Jugendlichen verstehen, was ein Plagiat ist, können sie es vermeiden. Dazu müssen sie u. a. lernen, wie sie mit Quellen umgehen müssen, wie und wann zitiert werden muss, dass es ein Plagiat bleibt, auch wenn sie die Wörter umsortieren und auch übernommene Hypothesen und Schlussfolgerungen gekennzeichnet und nicht als die eigenen ausgegeben werden dürfen.
5. Angst, zu versagen:
Auch ein mangelndes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten kann Schülerinnen und Schüler dazu verleiten, lieber die Arbeit anderer zu kopieren, statt selbst zu denken.
Prävention: Wenn Sie vermuten, dass Versagensängste hinter den kopierten Leistungen stehen, kann es helfen, das direkte Gespräch mit der betroffenen Schülerin/dem betroffenen Schüler zu suchen und den Ursachen für die Ängste auf die Spur zu gehen.
Und zur Ehrenrettung der Schülerinnen und Schüler:
Manchmal befasst man sich auch so intensiv mit einem Text, dass Formulierungen tatsächlich unbewusst übernommen werden.
Quellen
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