Sitzordnung: Wer sitzt neben wem?

6 Wege zur passenden Sitzordnung für Ihre Klasse
Das Ziel:
- Durch die passende Sitzordnung soll eine positive Lernatmosphäre geschaffen werden.
- Teamfähigkeit und der Zusammenhalt in der Klasse werden gestärkt.
Die Idealvorstellung (manche sprechen auch von einer Utopie ;-) ):
- Die bestmögliche Anordnung der Tische ist gefunden. Sie passt sowohl zu Ihrem Unterrichtsstil wie auch zu Ihrer Klasse.
- Sitznachbarn sind gute Lernpartner und lenken sich und die Klasse nicht durch Gequassel oder andere Dummheiten ab.
- Die Schüler sind mit ihrem Sitzplatz und den Sitznachbarn glücklich.
- Die Sitzordnung integriert auch schwierige Schüler und Aussenseiter.
- Schülereltern treten nicht mit Änderungswünschen zur Sitzordnung an Sie heran.
Die Realität:
- Jede Sitzordnung hat ihre Stärken und Schwächen.
Um für verschiedene Unterrichtssituationen gerüstet zu sein, müssen Sie mit Ihrer Klasse entweder öfters Tische rücken oder Sie entscheiden sich für den besten Kompromiss (wie das klappen kann, erfahren Sie im Beitrag „Vom Hälse verdrehen und Partytischen“). - Es ist so gut wie unmöglich, alle Beteiligten glücklich zu machen.
Die Schüler möchten am liebsten neben ihren Freunden sitzen. Das ist aber selten eine Platzwahl, die für störungsfreien Unterricht sorgt.
Schüler, die aufgrund ihrer Stärken und Schwächen gut voneinander profitieren könnten, mögen sich nicht immer.
Viele Eltern wünschen sich für ihr Kind einen Sitzplatz weit vorne, damit sie besser lernen. Das sind aber nicht immer die Schüler, die aus Ihrer Sicht am dringendsten vorn sitzen müssten.
Und das sind nur einige der Aspekte, die es Lehrerinnen und Lehrern schwer machen, die perfekte Sitzordnung für ihre Klassen zu finden.
Um Ihnen diese Aufgabe zu erleichtern, möchten wir Ihnen hier verschiedene Möglichkeiten zur Festlegung einer Sitzordnung vorstellen. Welche für Sie am besten funktioniert, hängt neben Ihren eigenen Prioritäten auch besonders von der Zusammensetzung Ihrer Klasse ab.
Noch drei Hinweise:
- Geduld: Geben Sie dem Testlauf ein paar Wochen Zeit, bevor Sie ihn als gescheitert abhaken. Besonders Grundschulkinder benötigen Stabilität und verlässliche Abläufe, um sich in der Schule, die zu Beginn ja eine vollkommen neue Situation für sie darstellt, wohl fühlen zu können.
Eine ständige Änderung des Sitzordnungskonzepts führt dagegen eher zu noch mehr Unruhe. - Kleine Änderungen können eine grosse Wirkung haben: Bevor Sie die gesamte Sitzordnung ändern, können Sie testen, ob es ausreicht, die Sitzplätze von störenden Schülern zu verändern.
- Transparenz: Werden einzelne Schüler nachträglich umgesetzt, sollten die Gründe dafür für die Schüler verständlich sein. Hinter solchen Massnahmen sollten immer pädagogische Überlegungen stehen. Und natürlich sollte kein Schüler bevorzugt oder benachteiligt werden.
6 Wege zur passenden Sitzordnung
1. Freie Platzwahl:
Die Schüler machen es unter sich aus, wer wo und neben wem sitzt. Geben Sie den Schülern fünf bis zehn Minuten Zeit, ihre Plätze untereinander auszumachen.
Vorteile: Die Sitzordnung macht Ihnen erstmal keine Arbeit und die Schüler haben die Möglichkeit, neben ihrem Wunschnachbarn zu sitzen, was natürlich den grösstmöglichen Wohlfühlfaktor mit sich bringt.
In Klassen mit einem guten Zusammenhalt kann die freie Platzwahl durchaus gut funktionieren.
Nachteile: So wenig Arbeit Sie zu Anfang haben, so sehr kann sich das mit der Zeit ins Gegenteil verkehren.
Unterrichtsstörungen: Wenn sich die grössten Chaoten und Plaudertaschen nebeneinander und am besten noch in die letzte Reihe setzen (und das tun sie sehr treffsicher), steigt die Zahl der Unterrichtsstörungen.
Das Klassenklima kann leiden: Weniger beliebte Schüler sind oft aussen vor. Unstimmigkeiten und Streit können folgen, wenn sich beispielsweise die beste Freundin für einen anderen Sitznachbarn entscheidet.
Lösungen: Sagen Sie den Schülern vorab, dass Sie gegen Konstellationen, die sich aus Ihrer Sicht im Unterricht nicht bewähren werden, ein Veto einlegen können. Oder Sie teilen den Schülern bereits im Vorfeld mit, wer nicht nebeneinander sitzen sollte.
Wenn Sie bei manchen Sitznachbarn leichte Bedenken haben, äussern Sie diese („Hm, meint ihr beiden, dass das mit euch nebeneinander klappt?“). Der ein oder andere Schüler fühlt sich so angespornt, zu beweisen, dass es sehr wohl klappt :)
Loben ist natürlich genauso wichtig (Super, dass ihr euch mal zusammengesetzt habt“).
2. Festgelegte Sitzordnung:
Sie bestimmen, wer wo und neben wem sitzt.
Aufgrund Ihrer Erfahrungen erstellen Sie einen Sitzplan und teilen den Schülern mit, wo sie sitzen.
Vorteile: Wenn Sie die Schüler gut einschätzen können, können Sie Unterrichtsstörungen minimieren und Ihre Schüler so platzieren, dass es ihrer Konzentration und Mitarbeit zuträglich ist:
Schüler, die nebeneinander häufig für Unruhe sorgen, sitzen getrennt. Wer z. B. sehr schüchtern ist, profitiert von einem Platz vorne, um die mündliche Mitarbeit zu verbessern. Andere Schüler lernen besser, wenn sie einzeln sitzen und weniger abgelenkt werden.
Nachteile: Die Schüler sind über den Sitzplatz und die Nachbarn nicht immer begeistert. Manchmal stellt sich auch heraus, dass eine Sitzkonstellation von der Sie in der Theorie sehr überzeugt waren, in der Praxis doch nicht harmoniert.
Lösungen: Meist legt sich die erste Unzufriedenheit mit dem neuen Sitznachbarn mit der Zeit. Wenn es zwei wirklich nicht miteinander aushalten oder sie den Unterricht stören, können Sie ja nochmal nachjustieren.
3. Junge/Mädchen – Sitzordnung:
Mädchen und Jungen sitzen nebeneinander.
Legen Sie dazu entweder fest, welches Mädchen neben welchem Jungen sitzt oder halten Sie in der Klasse abwechselnd eine Mädchen- bzw. Jungenwahl ab. Losen klappt auch.
Diese Sitzordnung funktioniert natürlich nur, wenn es in etwa so viele Mädchen wie Jungen in der Klasse gibt ;-)
Vorteile: Viele Lehrerinnen und Lehrer haben die Erfahrung gemacht, dass diese Sitzordnung für mehr Ruhe im Klassenzimmer sorgt.
Nachteile: Natürlich können auch Mädchen und Jungen zusammen viel quasseln und Blödsinn machen. Gerade in Zeiten, in denen das jeweils andere Geschlecht gerade „doof“ gefunden wird, müssen Sie in der Anfangszeit einige Proteste über sich ergehen lassen …
Lösungen: Wie bei den anderen Sitzordnungen gilt auch hier: Stellt sich eine Paarung als ungut heraus, muss nochmal durchgetauscht werden. Die Protestwelle vorpubertärer Schüler sollten Sie aussitzen.
4. Losen:
Sie übergeben die Sitzordnung (mit Einschränkungen) dem Zufall.
Die Sitzplätze werden durchnummeriert. Die Nummern werden auf Zetteln notiert und die Schüler dürfen eine ziehen. Achten Sie darauf, dass die Schüler die Lose nicht tauschen.
Vorteile: Diese Variante gilt als gerecht und kann überraschend positive Sitzkonstellationen hervorbringen, auf die weder Sie noch die Schüler gekommen wären.
Nachteile: Losen kann aber auch zur Folge haben, dass überraschend schlechte Sitzkonstellationen entstehen.
Lösungen: Losen funktioniert nur wirklich gut, wenn Sie das Verfahren etwas modifizieren: Die Kandidaten, die Sie gerne in der ersten Reihe hätten und Einzelplatzkandidaten, dürfen ihre Lose aus einem Spezial-Topf ziehen. Nach etwa einer Woche entscheiden Sie, ob noch der ein oder andere Sitzplatzwechsel notwendig ist.
5. Soziogramm:
Aufgrund von Angaben Ihrer Schüler über die Beziehungen zu den Mitschülern legen Sie eine Sitzordnung fest. Dazu sollen Ihre Schüler auf Fragen wie „Mit welchen drei Mitschülern würdest du gern verreisen?“, „Welche Mitschüler würdest du wählen, um auf eine Klassenarbeit zu lernen?“, „Neben welchen drei Klassenkammeraden würdest du eher ungern sitzen?“ antworten. Sehr aufschlussreich sind auch Begründungen für die drei Lieblingssitznachbarn: „Ich würde gerne neben … sitzen, weil …“.
Vorteile: Gerade wenn sich die Klasse schon länger kennt, Sie die Klasse aber noch nicht, kann ein Soziogramm eine grosse Hilfe bei der Festlegung der Sitzordnung sein. Darüber hinaus erhalten Sie auch Einblick, welche Schüler in der Klasse gut bzw. weniger gut integriert sind. Es kann auch deutlich werden, wer zwar ein guter Freund, aber nicht unbedingt der beste Lernpartner ist.
Nachteile: Die Auswertungen der Angaben der Schüler und die Entwicklung eines daraus resultierenden Sitzplans sind zeitaufwändig.
Lösungen: Computerprogramme helfen beim Erstellen von Soziogrammen – sind teilweise aber kostenpflichtig und decken nicht immer alle Aspekte ab, die man einbeziehen möchte.
6. Rotieren:
Nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums oder immer nach den Ferien werden die Sitzplätze neu vergeben. Im Grunde kann eine rotierende Sitzordnung mit jedem der bereits vorgestellten fünf Sitzordnungen kombiniert werden.
Vorteile: Durch das regelmässige Durchtauschen der Sitzplätze kommen die Schüler immer wieder mit anderen Mitschülern in Kontakt. Dadurch kann der Zusammenhalt in der Klasse gestärkt werden und es bilden sich keine starren Cliquen. Die Zeit nebeneinander ist begrenzt, wodurch es für die meisten Schüler in Ordnung ist, auch mal neben weniger beliebten Schülern zu sitzen.
Nachteile: Die Schüler müssen sich zunächst an den häufigen Wechsel der Sitzplätze gewöhnen. Anfangs dauert das Durchtauschen noch länger und auch das Murren über dieses Prozedere kann zu Beginn gross sein.
Lösungen: Je mehr Routine die Schüler beim Platzwechsel gewinnen, umso schneller geht es. Rituale, wie bei Grundschülern ein Lied, das während des Umzugs gesungen wird, können den Schülern helfen. Wichtig ist, dass das Routieren ritualisiert wird und zu genau festgelegten Situationen stattfindet und der Ablauf eingeübt wird.
Abschliessend möchten wir nochmal festhalten, dass es stark von der Klasse abhängig ist, welche Variante zur Findung der passenden Sitzordnung die beste ist. Wie auch in den Kommentaren unten angemerkt wurde, können Schüler am besten lernen, wenn sie sich mit der Situation in der Klasse – und die Sitzordnung trägt einen wichtigen Teil dazu bei – wohl fühlen.
Häufige, für die Schüler willkürlich erscheinende Wechsel der Sitznachbarn, sind keine Lösung für Unterrichtsstörungen. Schüler benötigen verlässliche Strukturen, und falls eine Sitzkonstellation doch so gar nicht harmoniert, transparente Entscheidungen für einzelne Wechsel.